Die Bosmans aus Wilhelmshaven?

Der SV Wilhelmshaven (SVW) spielt derzeit in der Bezirksliga Weser-Ems 2. Dort läuft es gerade ordentlich. Zweiter Platz und die Chance zum Aufstieg. Nur: Wohin? Möglicherweise direkt in die Regionalliga Nord – und das auch ohne Meisterschaft?

Möglich macht das die heutige Entscheidung des BGH (Pressemitteilung).

Der SVW kennt die Regionalliga. Dort kickte man bis zu Saison 2013/14. An dessen Ende verfügte der Norddeutsche Fußballverband (NFV) den Zwangsabstieg. Und das kam so:

In 2007 setzte der SVW auf ein 20-jähriges ausländisches Talent. Der Jungkicker hatte als 11-Jähriger mal bei zwei argentinischen Vereinen das Fußballspielen gelernt. Wie in der Regionalliga üblich erhielt der Juniormaradonna einen Vertrag. Das muss in Argentinien irgendwie bekannt geworden sein. Die Vereine verlangten jedenfalls eine Ausbildungsentschädigung. Das war nun keine Erfindung klammer Argentinier, sondern entsprach den Regelungen der FIFA.

Der SVW, der sich ein halbes Jahr später wieder von dem Spieler getrennt hatte, sah das aber nicht ein und zahlte nicht.

Nun ging die Maschine los. Die FIFA machte Druck auf den DFB. Der DFB machte Druck auf den NFV. Der NFV machte Druck auf den SVW. Erst mit Geldstrafe, dann mit Punktabzügen und schließlich – da der SVW stur blieb – mit dem Zwangsabstieg. Diesen hatte die FIFA beim DFB eingefordert, der es wiederum vom NFV verlangt hatte.

Hiergegen zog der SVW vor Gericht. Da aber alle Sportgerichte den Verbänden recht gegeben hatten, kamen die ordentliche Gerichte ins Spiel, zuletzt der BGH.

Das Verfahren hatte, glaubt man den Presseberichten, viele Facetten und sollte zu Bosmann II taugen. Sind Ausbildungsentschädigungen rechtswirksam? Verstößt der Abstiegsbeschluss gegen das Recht der Fußballer auf freie Berufswahl? Die Ausbildungsvereine im Weltfußball zitterten.

„Keine Panik“, ließ der BGH nun verlauten. Hierauf kommt es gar nicht an. Dann folgte eine Dilettanntenklatsche. Der Zwangsabstieg war schon alleine deshalb unwirksam, weil der NFV hierfür keine Ermächtigungsgrundlage hatte. Der BGH selbst erklärt das sehr schön:

Eine vereinsrechtliche Disziplinarstrafe darf verhängt werden, wenn sie in der Satzung des Vereins vorgesehen ist. Dabei muss die Regelung eindeutig sein, damit die Mitglieder des Vereins die ihnen eventuell drohenden Rechtsnachteile erkennen und entscheiden können, ob sie diese hinnehmen oder ihr Verhalten entsprechend einrichten wollen. Eine derartige Grundlage fehlt in der Satzung des Beklagten, soweit es um Disziplinarstrafen bei Nichtzahlung von Ausbildungsentschädigungen geht.

Dabei war es dem BGH auch egal, ob sich solche Regelungen im DFB oder FIFA Regelwerk finden. Denn der SVW ist nur Mitglied im NFV. Und der hat sowas schlicht (bislang) nicht geregelt. Da dessen Satzung auch keinen Verweis auf die Satzungen des DFB oder der FIFA enthält, war der Deckel zu.

Jetzt dürfen sich die Don Quijotes aus Wilhelmshafen ausdenken, was das Urteil bedeutet. Ein Startrecht in der Regionalliga für die kommende Saison? Ambitioniert für einen Bezirksligisten. Schadenersatz? Auch nicht einfach. Entsteht ein Schaden dadurch, dass man nicht in der Regionalliga kicken darf? Die kostet doch eigentlich nur Geld und ist die unattraktivste Liga der Welt. Wir werden sehen.

Übrigens: Ob die Ausbildungsentschädigung zu zahlen ist, spielte bei dieser Entscheidung keine Rolle. Ob und wie die Entschädigungssumme vollstreckt werden kann ist somit nach wie vor offen. Bosman bleibt daher einzigartig.