Bußgeldverfahren ES 3.0 – Alles richtig, trotzdem eingestellt

Das ES 3.0 mag Mülltonnen, um sich zu verstecken.

 

„An Betroffene senden wir keine Akte“, teilte ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung Mainz mit. Ein Kollege war „Reichels Stadtpiraten“ ins Netz gegangen. Sonntags. Stadtauswärts. Kein Wohngebiet. Kein Unfallschwerpunkt, wenige Meter vor der Aufhebung der 50er-Marke. Vorwurf einer leichten Überschreitung, kein Fahrverbot, aber mit Pünktchen. Auf sein Akteneinsichtsgesuch wurde ihm der eingangs zitierte Satz mitgeteilt. Das machte den Kollegen erst recht betroffen. Auch der Einwand, dass er Anwalt in eigener Sache sei, wirkte nicht.

Schließlich beauftragte der Kollege seinen Kanzleisozius. Der bat auf dem selben Briefkopf – mit anderer Unterschrift – um Akteneinsicht und siehe da: Die Akte kam und wurde an den hier berichtenden Fachanwaltskollegen zum „mal drüberschauen“ weitergeleitet.

Der Inhalt war für den Betroffenen nicht sehr erfreulich. Das ES 3.0 war ordentlich aufgebaut worden. Insbesondere die Fotolinie war überdeutlich markiert und dokumentiert. Die  Bediensteten hatten scheinbar alle Eichsiegel, die an dem Gerät angebracht waren, fotografisch dokumentiert. Auch das Bild ließ keine Wünsche offen. Die mangelnden Erfolgschancen veranlassten den Betroffenen die Helmut-Kohl-Taktik anzuwenden (Aussitzen).

Ein paar Wochen später meldete der Kollege begeistert die Einstellung seines Verfahrens. Geäußert hatte er sich nicht mehr. Einfach abgewartet. Wie kann so etwas sein?

Möglicherweise waren die Damen und Herren von der Verkehrsüberwachung einfach überfordert. Neben den vielen Knöllchen, die regulär zu bearbeiten waren, hat man zumindest dieses Verfahren, in dem sich der Betroffene „gewehrt“ hat, in die Verjährung tickern lassen. Immerhin sind die Mainzer „neu“ im Bußgeldgeschäft. Zwei Geräte vom Typ ES 3.0 gilt es seit April 2011 auszuwerten. Die Geräte sind mit zwei VW-Caddy’s und im Mehrschichtbetrieb unterwegs. Da kommen ein paar Fälle zusammen, die abgewickelt werden wollen. Für Problemfälle bleibt, auch wenn es keine sind, wohl keine Zeit mehr. Vor ein paar Wochen meldete das Verkehrsamt stolz, dass aus allen Kontrollen seit April 2011 nur wenige Gerichtsverfahren hervorgegangen sind.

Verständlich, wenn die restlichen „Problemfälle“ vorher verjähren…